Betritt man in Frankfurt die Hallen der Creativeworld, eröffnet sich dem Fachpublikum das Hobbyparadies schlechthin. An fast jeder Ecke, an fast jedem Messestand wird modernes „Do it yourself“, kurz DIY, vorgeführt und praktiziert. Die reiche Produktvielfalt und die modernen Kreativtechniken werden so inspirierend dargeboten, dass man am liebsten alle Mitmach- und Kursangebote auskosten würde! Sicher ist jedenfalls, dass jeder Händler die Messe bei dieser geballten Palette von kreativen Möglichkeiten mit reichlich Ideen und Impulsen verlässt, um sie den Kunden im eigenen Fachgeschäft zu präsentieren.
Der Rundblick dieses Jahr fällt sofort auf „urbane“ Malkunst. Street Art, legales Graffiti und Straßenmalerei beleben das städtische Umfeld. Wie das aussieht, hat die Messe in einer Sonderschau abgebildet, und Hersteller der Sprays, Farben und des Zubehörs zeigten ihre Produkte in Liveshows. Namhafte Künstler der Szene haben auch Bilder zum Mitnehmen für die Messebesucher angefertigt.
Beschwingt schönschreiben
Auch am „Handlettering“ geht kein Weg vorbei. Schnell ist man in den kreativen Hallen mittendrin in der überall sichtbaren Schönschrift, die sich aus dem Musterzeichnen und dem Trend der Ausmalbücher entwickelt haben dürfte. Selbstgeschriebene Gruß- und Postkarten und gar Briefe sind nicht nur kreative Beschäftigung, sondern gelten beim Empfänger als Zeichen besonderer Wertschätzung. Dass solche Hobbys zugleich als analoger Gegenpol zum hektischen, digitalen Arbeitsalltag fungieren, macht den Stellenwert klar, den schöpferisches, (hobby-)künstlerisches Schaffen heute einnimmt.
Genau darauf zielt alles ab, was die Hersteller von Bastel- und Hobbymaterial bieten und die Kreativteams dieser Firmen mit ihren Projektvorschlägen und Anleitungen entwickeln. Die Entschleunigung lässt sich durch die kreative Beschäftigung wunderbar umsetzen. Ohne überhöhten Eigenanspruch, ohne irgendwelchen Zeit- oder Leistungsdruck – stattdessen werden die Systeme „runtergefahren“, der Geist kommt zur Ruhe, die Seele darf baumeln, bei was auch immer sie sich wohl fühlt. Kein Wunder, dass – ganz ohne spirituellen oder gar esoterischen Beigeschmack – vor allem meditativ wirkende Techniken hoch im Kurs stehen. Wo auch immer an den Ständen mit Markern, Stiften und Farben gearbeitet wurde, da herrschte auch eine besinnliche Konzentration. Das ist überall, wo es ums Handlettering oder Malen und Ausmalen geht, richtig zu spüren – und es erklärt, warum dieser Trend vor fast niemandem Halt macht. Auf der Creativeworld war schon eine Weiterentwicklung zu entdecken: Die dekorative Schönschrift, Sinnsprüche und andere Schriftzüge werden nun auch gern kombiniert mit Blumen- und Naturornamentik.
Mal bunt, mal puristisch – die Motivlieblinge
Diese, aber auch andere Kunstrichtungen wie klassisches Malen, entwickeln sich wiederum hin zur Benutzung von Aquarellfarben, auf der Messe omnipräsent. Seit Jahren schon fahren Menschen bei schönen festlichen Anlässen und Partys jeder Art auf der kreativen Schiene mit ausgeschmückten Tischen und Tafeln etc. In diesem Jahr, deutlich sichtbar an den Messeständen, dürfen Muster und Darstellungen von Kakteen, Sukkulenten (saftreiche Pflanzen) und Monstera-Blättern nirgends fehlen. Die Fans von Märchenfiguren dürfen weiterhin ihren Traum vom Einhorn leben, das alle möglichen Untergründe ziert. Die Liebe zum Flamingo ist ungebrochen, nicht nur als Motiv für Hobbykünstler, sondern auch als Stilmittel in der Mode. Dafür kommen parallel ganz aktuell Faultier und Lama groß raus als weitere Motivfavoriten. Auf großes Interesse stößt das „Bullet-Journaling“, das so viel bedeutet wie das Selbstgestalten eines Notiz-/Kalenderplaners mit Verzierungen und Farben. Apropos Farben: Allüberall ging es glamourös zu, das nachgefragte „Blingbling“ glänzt in Form von Metallictönen als Farbtrend schlechthin, beim Malen, in der Mode und bei Accessoires. Besonders Roségold und Kupfertöne haben es den Anwendern angetan, was sich auch an den Messeständen widerspiegelte.
Wer hätte das gedacht – Handarbeitstechniken sind seit Jahren ein Renner! Auch das Thema rund um Stoffe, Wolle und Garne ist seiner „alt und öd“-Schublade entschlüpft. Junge Frauen und Mamis vor allem sind dem Nähen von Kindersachen und Modeaccessoires verfallen. Die Auswahl an Büchern dazu ist riesig, mancher Verlag stellt mit den Büchern auch Materialsets zur Verfügung. Auf kleine Gimmicks wie die angesagten Häkeltiere springt fast jeder an, aber Weben und Makramee erfahren auch ein Comeback, zum Glück jedoch im zeitgemäß-modernen Outfit. Überall stößt man auf Gestaltungsideen, die dem „Hyggelig“-Trend geschuldet sind. Das heißt nichts anderes als etwa entspannte Zufriedenheit – so soll das Zuhause sein, ein Ort der Muße, der Gemütlichkeit und Geborgenheit, am liebsten mit individueller Note z. B. durch schöne, selbstgeschaffene Deko-Unikate.
Selbstgemacht ist in!
Das Basteln, Malen und Zeichnen, Handarbeiten und was es sonst noch gibt, hat sich längst vom Image des Verstaubten und Altmodischen, praktiziert von den ewig Gestrigen, befreit. Das alles ist eine Erkenntnis aus den Eindrücken eines Messetags: Zeitlos schön, innovativ, raffiniert, witzig – den heutigen Kreativthemen werden nur noch positive Umschreibungen und Attribute gerecht. An sämtlichen Messeständen brummt und boomt es, die durchweg hervorragend frequentierte Creativeworld zeigt sich als internationaler Schmelztiegel mit Fachbesuchern aus aller Welt. Auch wenn sich Mentalitäten unterscheiden mögen, bei der Hobbykunst scheinen sich alle Menschen, egal welcher Herkunft, so ähnlich wie sie zum Beispiel verbunden sind über die Musik. Verbindung – ein wichtiges Stichwort auch im Hinblick aufs World Wide Web. Die „Fanbase“, also alle, die kreative Hobbys betreiben, sind über unzählige Internetplattformen vernetzt. Auf Instagram, Pinterest, Youtube oder anderen Riesen sowie auf jeder Menge spezieller Kreativwebseiten oder
-Blogs wird zum Nachmachen angeregt, man erhält überall wertvolle Tipps zum Gelingen jedes Projekts, man tauscht sich aus und zeigt sein fertiges Kunstwerk, bekommt Feedbacks, reagiert auf die Posts anderer User… Ein Idealfall auch für die Aussteller der Creativeworld, die diese virtuelle Verbundenheit unterstützen und mit ihren eigenen kreativen Inhalten auch auf der Messe in Frankfurt werben. Ohne die „www“-Adressen läuft heute nichts mehr, und die Datenautobahn führt Hersteller und Händler direkt zum Endverbraucher. Eine spannende Aufgabe auch für Rofu Kinderland und die dortigen Online-Experten wie Philipp Hohn, die auf Fachmessen als Trendscouts unterwegs sind.